Zu einer richtliniengemässen Blutgruppenbestimmung gehören:
1. Die Antigene:
Das A- und das B-Antigen sind einfache Kohlenhydrat-Ketten.
Für die Blutgruppenbestimmung eignet sich ein Röhrchen mit EDTA-Blut. Es sollte abzentrifugiert werden und das Plasma im Überstand abgehoben und in ein neues Röhrchen überführt werden.
In den meisten Immunhämatologischen Laboratorien, wird die Blutgruppe auf einem Automaten bestimmt.
In erstem Schritt bringt man die Patienten-Erythrozyten in mit Antiseren vorgetropfte Kärtchen (a_A, a_B, a_AB, a_D, a_CDE).
Prinzip des Geltests:
Diese Näpfchen sind ca. 1,5 cm hoch und zu jeweils 6 Stück zu einer Karte zusammengebunden.
Von oben kommt ein Tropfen des Patientenblutes und wird für ca. 20-30 min. je nach Testansatz bei 37°C oder RT inkubiert. Danach werden die Karten 15 min. lang zentrifugiert und abgelesen.
Je mehr Zellen durch die in den Näpfchen vorgetropften Antikörper während der Inkubation agglutiniert werden, umso schwerer können sie beim Zentrifugieren in der Säule nach unten wandern.
Sind alle Zellen oben auf dem Gel als Strich zu sehen, heisst es, dass alle Zellen agglutiniert sind und es gibt eine maximale Antikörper-Antigen-Reaktion.
Wenn alle Zellen am Boden des Näpfchens liegen, gab es gar keine Reaktion und die losen Erythrozyten konnten ohne Probleme nach unten wandern.
Und so sieht es dann auch in der Realität aus:
nachdem die Karten getropft waren und abzentrifugiert waren, kann man nun das Ergebnis ablesen.
Im Näpfchen mit anti-A haben sich die Antikörper überhaupt nicht für die Erythrozyten interessiert. Diese sind ungehindert bis zum Boden abgesunken.
Dafür ist im Näpfchen mit anti-B und anti-AB eine starke Reaktion zu sehen: alle Zellen wurden durch die Antikörper abgefangen und agglutiniert und oben auf dem Gel liegen geblieben.
Die gleiche Reaktion sieht man bei anti-D und anti-CDE - unser Patient hat also die BG B Rh positiv.
2. Die Isoagglutinine:
Obwohl wir jetzt eigentlich schon die BG des Patienten wissen, ist das nicht ausreichend um auch seltene Kombinationen auszuschliessen. Wir wissen bereits, dass jeder Antikörper gegen diese Blutgruppe hat, die er selbst nicht besitzt. Bei BG B müssten es also Isoagglutinine anti-A sein. Dafür macht man eine Serumgegenprobe (auf engl. reverse typing): es werden Erythrozyten der BG A1, A2, B und O vorgetropft (bereits typisierte Spenderzellen) und mit jeweils einem Tropfen des Patientenserums inkubiert und dann abzentrifugiert.
Und das Ergebnis sieht dann so aus:
Die Zellen haben immer dort reagiert, wo ein A-Antigen zu finden war.
(Die Begriffe A1 und A2 werde ich nicht näher erläutern - das geht schon zu sehr ins Detail - beides sind BG A und mehr muss man nicht wissen - ausser man ist Transfusionsmediziner).
Wir sehen keine Reaktion mit den BG B-Zellen und natürlich auch nicht mit den BG O-Zellen.
Die Zellen der BG O sind eigentlich als die perfekte Negativ-Kontrolle gedacht.
Eine zusätzliche Aufgabe der O Zellen ist, die BG mit Bombay-Typ zu erkennen. Auch wenn die meisten von uns in der ganzen Karriere den Bombay-Typ nicht zu sehen bekommen - ist es wichtig, dass man den sofort erkennt.
3. Der Rhesus-Faktor:
Mehr über den Rhesus-Faktor steht auf den eigenen Rhesus-Seite.
In den meisten Fällen kann der Rhesus-Faktor bereits auf der Antigen-Bestimmungskarte abgelesen werden.
In unserem Fall ist es die BG B und weil das Näpfchen mit anti-D auch sehr stark reagiert hat, sind auch D-Antigene auf den Zellen oben - also Rhesus positiv. Das Näpfchen mit dem anti-CDE-Antikörper macht erst dann einen Sinn, wenn das anti-D negativ wäre. Damit kontrolliert man nämlich, ob in der CDE-Rhesusformel (bei Rh neg ccddee) vielleicht ein großes C oder grosses E zu finden ist.
4. Der Antikörpersuchtest zum Ausschluss von Irregulären Antikörpern (AKS).
Dieser Test wird in der Regel mit gekauften Testzellen (Erythrozyten der BG O) durchgeführt. Die Zellen, die von den Firmen verkauft werden stammen von Spendern, die regelmässig Blut nur für diesen Zweck spenden. Bei diesen Zellen sind alle serologisch und molekulargenetisch nachweisbaren BG-Antigene bestimmt, aber auf dem Beipackzettel für den Nutzer sind hauptsächlich Antigene angeführt, die gesetzlich vorgeschrieben sind.
Auszug aus dem Gesetz:
„… Die Testzellen sollen folgende Merkmale aufweisen: C, Cw, c, D, E, e, K, k, Fya, Fyb, Jka, Jkb, S, s, M, N, P1, Lea, Leb. Es wird empfohlen, dass folgende Merkmale in hoher Antigendichte (homozygote Erbanlage für das Allel) auf den Testzellen vorhanden sind: D, c, Fya, Fyb, Jka, Jkb, S, s.”
Es werden entweder zwei oder drei Zellen verwendet und das gleiche gemacht, wie bei der Serumgegenprobe. Zuerst kommen Testzellen ins Näpfchen, dann das Serum (oder Plasma) des Patienten - Inkubieren - Abzentrifugieren - Beurteilen.
Oft wird die Serumgegenprobe zusammen mit dem Antikörpersuchtest gemacht. In beiden Fällen hier werden zwei Zellen für den AKS verwendet. Im linken Bild ist der AKS positiv (alle Testzellen haben mit einem Antikörper reagiert und sind bei der Zentrifugation auf dem Gel geblieben). Im rechten Bild dagegen sind die beiden Testzellen (I, II) alle am Boden des Näpfchens - also gab es hier gar keine Antikörper, mit denen sie reagieren konnten.
Wenn das untersuchte Serum im rechten Bild zu unserem Patienten gehört, dann haben wir jetzt die vollständige Blutgruppe bestimmt. Und sie ist:
B Rh pos, AKS neg.
Im linken Fall ist der AKS positiv. Hier müsste man jetzt eine Antikörperidentifikation durchführen. Man beachte auch die Tatsache, dass auch die O-Zelle 4x positiv ist. Ohne diese Zelle, wäre es eine einfache BG O - durch die stark reagierende O-Zelle in der Serumgegenprobe, wäre auch der Bombay-Typ möglich. Allerdings ist das sehr unwahrscheinlich. Viel eher ist es ein oder mehrere Antikörper, die durch vorherige Immunisierung (Transfusion, Schwangerschaft) gebildet wurden. Auch die beiden Zellen des Antikörpersuchtests reagieren 4x stark - um hier die Blutgruppe freigeben zu können, muss die Spezifität des oder der Antikörper ermittelt werden - eine Antikörperidentifikation oder Antikörperdifferenzierung.
Zuletzt bearbeitet am 23.07.2022.